Der 8. Mai 1945 – „Stunde Null“, Zusammenbruch, Befreiung, Neubeginn? Michael Weber liest Gerd Fuchs: „Stunde Null“ (1981)
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In der Bundesrepublik wurde der 8. Mai 1945 lange Zeit als Tag der Niederlage und des Zusammenbruchs erinnert. Befreit fühlten sich nur wenige. Später wurde der Tag zur „Stunde Null“ stilisiert, zu einem Neubeginn, der den Deutschen im Westen die Demokratie bescherte. Der im Saarland geborene und spätere Hamburger Schriftsteller Gerd Fuchs (1932 – 2016) entfaltet in seinem Roman „Stunde Null“ (1981) die ganze Widersprüchlichkeit der Jahre zwischen Kriegsende und Gründung der Bundesrepublik. Im Mikrokosmos eines Dorfs erzählt er von einer Zeit, in der plötzlich alles möglich schien. Die Witwe des alten, 1933 im KZ ermordeten Bürgermeisters wird von der amerikanischen Besatzungsmacht zur Bürgermeisterin gemacht, ein Kommunist zu ihrem Stellvertreter. Wer gestern noch stolz in SA-Uniform durchs Dorf marschiert ist, wird heute nicht mehr gegrüßt. Doch die wirtschaftlichen Strukturen werden nicht angetastet. Als eine „Orgie von Opportunismus“ erlebt einer der „Helden“ die Entnazifizierung, bis ihm aufgeht, dass schon der „Faschismus selbst der systematisierte Opportunismus, die Verherrlichung der Macht des Stärkeren“ war. So hat sich auf dieser Ebene wenig geändert und der Kommunist verlässt am Ende den Ort.
Einführung: Detlef Grumbach (Christian-Geissler-Gesellschaft)
Es liest: Michael Weber (Schauspieler, Deutsches Schauspielhaus)
Veranstalter: Rosa Luxemburg Stiftung Hamburg & Geschichtswerkstatt Eimsbüttel / Morgenland e.V.
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