Man trägt wieder Hut - auch in Hamburg und am besten in Form von etwas „Weichem, Kleinen, das nicht so leicht vom Wind weggetragen wird“. Hut Falkenhagen in der Altstadt versorgt die Stadt mit dezenten bis ausgefallenen Kopfbedeckungen – und das schon seit 100 Jahren. Ein Ortsbesuch.
Ich bin einfach kein Hut-Typ. Das liegt vor allem an meinen vollen, langen Locken, die sich bei jedem Hutaufsetzen unvorteilhaft ihren Weg in die Freiheit quetschen. Hüte stehen mir einfach nicht. Aber als ich Sabine Falkenhagen von meinem Hut- Haar-Dilemma erzähle, lächelt sie nur und schüttelt den Kopf. „Bei dir ist es natürlich schon schwierig mit deinem üppigen Haar“, sagt die Hut-Expertin. Aber das sei für sie Alltag: Das passende Modell finden, auch für Skeptiker wie mich, „und wenn sie nachher glücklich rausgehen, das ist toll.“
Wir sitzen in der Werkstatt ihres Geschäfts Hut Falkenhagen. Zwischen uns steht ein Hutdämpfer, der ein wenig aussieht wie ein Lötkolben mit Schneckenhaus. Alte Hüte werden durch den Wasserdampf wieder weich gemacht oder neuer Filz zum Formen vorbereitet. Hinter uns arbeitet Modistin Nadia Bunge an der Werkbank. Hutfans aus ganz Deutschland und Shopping-Touristen vor allem aus Dänemark gehören zum Kundenstamm. Sie kaufen neue Mützen oder lassen ihre geliebten Hüte wieder aufarbeiten.
Der großzügige Verkaufsbereich des Traditionsgeschäfts mitten in der Altstadt beherbergt hunderte Kopfbedeckungen. Zum Großteil sind sie Handelsware, viele stammen aber auch aus kleinen, deutschen Hut- und Mützenmanufakturen, von Hamburger Designern oder aus der eigenen Kollektion. Nachhaltigkeit ist Sabine Falkenhagen wichtig. Die Ausstellungsregale entlang der Wände sind ihre Zeitzeugen, denn die Rahmen stammen aus alten Hutgeschäften der Hamburger Familie. Das Unternehmen gibt es jetzt nämlich schon seit 100 Jahren.
Uroma Anna Falkenhagen eröffnete 1916 das erste Geschäft in der Sternschanze. Sabine Falkenhagen leitet es nun in vierter Generation. Ganze vier Mal mussten sie seitdem umziehen. Seit zwei Jahren liegt der Laden fast neben dem Hamburger Rathaus in der Schauenburgerstraße 47 – in bester Gesellschaft mit einem Konfektionsschneider und einem Lederschuhgeschäft. „Alle wichtigen Sehenswürdigkeiten, die Kirchen, der Hafen und die HafenCity, sind hier – und damit auch die Touristen. Außerdem kommen viele Hamburger in die Altstadt zum Einkaufen. Sie finden unser Geschäft direkt mittendrin“, sagt die Unternehmerin.
Über den Regalen im Laden thronen zur Zeit Fotografien, darauf lächeln mich Hamburger Köpfe mit unterschiedlichsten Kopfbedeckungen an. Die Portraits hat der Fotograf Tom Rölecke alias Roeler geschossen. Über fünf Jahre hinweg hat er interessante behütete oder betuchte Passanten angesprochen und sie Modell stehen lassen. Seit September und noch bis zum Ende des Jahres wird das Ergebnis seines Projekts „Hamburgs Heads 'n' Hats“ bei Hut Falkenhagen ausgestellt – passend zum 100-jährigen Jubiläum des Hutgeschäfts. „Zur Eröffnung haben wir alle zu uns eingeladen und den Hut und uns gefeiert.“
Interessante Köpfe blicken hier aber nicht nur von Fotos, sie betreten auch selbst den Laden. Schauspieler, Profi-Fußballer, Musiker oder Sternchen-goes- Moderatorin Silvie Meis kaufen hier ein – wie auch Udo Lindenberg. Hamburgs Kultmusiker bleibt Hut Falkenhagen seit mehr als 30 Jahren treu, „weil wir ihn hier in der Werkstatt betreuen. Wir passen ihm den Hut genau an. Der muss ja sitzen, der Hut, bei Udo.“ Modistin Nadia erinnert sich auch an eine Begegnung mit einem platinverzierten US-Rapper: „Wir hatten Macklemore hier. Ich glaube, weil er auf dem Hurricane Festival gespielt hat. Seine Crew hatte ihm einen Hut zum Geburtstag geschenkt, der war ihm aber eine Nummer zu groß. Da kam er in den Laden und hat den getauscht in eine passende Größe.“
Und ist das Wunschmodell nicht vorhanden, wird’s angefertigt. Von der Melone in Leo-Print bis zum feuerroten Hut mit extrem hohem Kopf für den perfekten Auftritt zum sonntäglichen Gang in die Black Community Church, Hut Falkenhagen ist zur Stelle. „Wir haben schon viele individuelle Köpfe unter den Hamburgern“, fasst Sabine zusammen. Der Prototyp des Hamburgischen Hutträgers bleibt aber laut falkenhagen'schem Expertentum seiner hanseatischen Mentalität treu: „Sie möchten meist so etwas Weiches, Kleines, das nicht so leicht vom Wind weggetragen wird. Diese Kopfbedeckung, die sie jeden Tag tragen können, die aber nicht zu hochgestochen ist. Einfach ein Lieblingsstück“. Aber entgegen aller Geschlechterklischees: Die Herren der Schöpfung wüssten eher, was Trend ist. Gerade werden die Krempen der Hüte werden wieder breiter – und auch prompt mehr nachgefragt. Und bei der Krempe nicht vergessen: „Hinten hoch, vorne runter.“
Überhaupt trüge Hamburg wieder mehr Eleganz auf dem Kopf. Mützen weichen Hüten – auch bei Frauen. Der Hut kommt eindeutig zurück. Und alle schätzen das Familienunternehmen. „Einmal erklärte mir ein ca. 25-Jähriger, 'Mein Großvater hat schon bei Ihnen gekauft'“, erinnert sich die Chefin. Andere seien „so uralt“, sie würden sogar ihre Großmutter kennen, „die ich selbst gar nicht mehr richtig in Erinnerung habe. Das berührt mich schon sehr.“
Selbst ich werde da langsam zum Hutfan. Was ist jetzt also mit meiner Haarpracht und dem perfekten Modell? Nadia sucht mir ein Modell heraus, einen Hut mit breiter Krempe, und verrät mir vorher einen Trick. Ich solle meine Locken nur auf einer Seite über der Schulter tragen, so wirke es wieder luftig. Der Plan geht auf: Der Hut sitzt, wackelt, hat Luft und ich habe keine Haare im Gesicht. Vielleicht kaufe ich mir doch bald einen.
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